Jeder Mensch hat Vorurteile. Dennoch fällt es den meisten schwer, ihre eigenen zu erkennen. Vielmehr ist es üblich, sich gegen den Vorwurf zu wehren, Vorurteile zu besitzen. Diese werden meist verteidigt und es wird versucht zu beweisen, dass das eigene Urteil der Realität entspricht. Oder um es mit Albert Einsteins Worten zu sagen: „Es ist leichter, einen Atomkern zu spalten als ein Vorurteil.“
Bei kampagnenstark setzen sich Jugendliche daher im offenem Dialog sowohl mit eigenen Vorurteilen auseinander als auch mit Vorurteilen, mit denen sie selbst konfrontiert sind oder die sie in ihrem sozialen Umfeld erleben. Diese aktive Auseinandersetzung mit Vorurteilen beinhaltet vor allem, dass Jugendliche über sich selbst nachdenken. Wichtig ist, dass sie überlegen wann und in welchen Situationen sie Vorbehalte haben und woher das kommt. Denn nur wer bei sich selbst beginnt mit Vorurteilen aufzuräumen, kann vorzeitige Schlüsse anderen gegenüber vermeiden. Mehr noch: Wer versteht, dass Verschiedenheit bereichernd ist, kann seine Stimme in den öffentlichen Diskurs einbringen und kampagnenstark als Sprachrohr nutzen.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff Vorurteil? Ein Vor-Urteil ist eine Meinung, die vor einem informierten Urteil steht. Ein Vorurteil wird als negativer Gemütszustand oder feindliches Verhalten gegenüber Mitgliedern einer sozialen Gruppe beschrieben. Ein Vorurteil baut folglich auf abwertenden Einstellungen oder Überzeugungen auf.
Konkret heißt das: Wer Vorurteile besitzt, denkt schlecht von anderen, ohne dies begründen zu können. Vorurteile sind vorschnelle Schlüsse, die mit Einzelbeobachtungen begründet werden. Sie sind zudem ungerecht, weil sie Menschen mit zweierlei Maß beurteilen. Vorurteile basieren auf der eigenen Intoleranz und können auf lange Sicht zu Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit führen.
„Flüchtlinge sind Schmarotzer“, „Muslimische Frauen haben keine Rechte“, „Ost-Deutsche sind Nazis“ –Vorurteile sind sehr unterschiedlich, dennoch haben sie einiges gemeinsam:
- Vorurteile beziehen sich auf Gruppen, wie „Flüchtlinge“, „Muslime“, „Ost-Deutsche“.
- Vorurteile schreiben Angehörigen einer Gruppe bestimmte (negative) Eigenschaften zu. Hier spricht man auch von Stereotypen. Stereotype sind vereinfachte, bildhafte, relativ starre, in der Gesellschaft weit verbreitete Vorstellungsbilder einer Personengruppe.
- Bei Vorurteilen wird von Einzelfällen auf eine ganze Gruppe geschlossen. Eine Frau, die Kopftuch trägt, berichtet z. B. in den Medien über Unterdrückung durch die männlichen Mitglieder ihrer Familie. Schon gilt dies für alle Angehörigen des Islam.
- In Vorurteilen steckt oftmals ein Quäntchen Wahrheit. Es gibt z. B. Musliminnen, die unterdrückt werden. Das Vorurteil „Muslimische Frauen haben keine Rechte“ entsteht dadurch, dass von einer Person, die das Bild (oftmals auch Klischee) transportiert, auf alle Angehörigen der Gruppierung geschlossen wird. Aus einer einzelnen richtigen Beobachtung werden falsche, verallgemeinerte Schlüsse gezogen.
Vorurteilsfrei zu leben bedeutet jedoch nicht jede*n und alles toll zu finden. Menschen können es sich einander nicht immer recht machen. Darüber hinaus stoßen sie im gesellschaftlichen Miteinander durchaus auch einmal an die Grenzen ihrer Toleranz. Einstellungen über eine Einzelperson auf eine ganze Gruppe zu übertragen ist jedoch problematisch. Wenn ein Vorurteil in einer Gesellschaft weit verbreitet und gefestigt ist, führt dies wiederum zu Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Zwischen dem Umstand, eine Einzelperson nicht zu mögen und dem, eine ganze Gruppierung zu verurteilen, besteht ein großer Unterschied.
Weiterführende Informationen zum Thema:
Nina Horaczek, Sebastian Wiese (2015): Gegen Vorurteile. Wie du dich mit guten Argumenten gegen dumme Behauptungen wehrst. Wien: Czernin Verlag.